AdBlue, AGR und DPF: Analyse mittels VCDS

Der AdBlue- und AGR-bezogene Aspekt dieses Themas ist nun auch als PDF verfügbar, siehe Downloads.

In diesem Artikel soll es darum gehen, welche Möglichkeiten man als Fahrer eines Fahrzeugs aus dem VW-Konzern hat, um einen etwas tieferen Einblick in die Funktionsweise des AdBlue-Systems, des Abgasrückführungssystems und über den Partikelfilter gewinnen zu können. Auch an dieser Stelle möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass AGR für Abgasrückführung steht, und nicht für Abgasreinigung, und dass die Abgasrückführung natürlich keine Abgase reinigt, egal, wie oft Journalisten etwas anderes behaupten.

Fahrzeuge

Alle hier beschriebenen Tests fanden an einem der beiden folgenden Fahrzeuge statt:

  • Einen Škoda Superb mit Motor 2.0 TDI, 147 kW, EA288 evo, Modelljahr 2022, Euro 6d, Leermasse inkl. Fahrer: ca. 1735 kg.
  • Einen Seat Ibiza mit Motor 1.9 TDI, 77 kW, EA188, Modelljahr 2008, Euro 4 mit DPF, Leermasse inkl. Fahrer: ca. 1200 kg. Die Tests wurden mit Kilometerständen zwischen 155.000 und 170.000 km durchgeführt. 

Ausrüstung

Um die hier beschriebenen Vorgänge selbst nachvollziehen zu können, wird neben einem passenden Fahrzeug, folgendes benötigt:

  • ein Laptop mit Windows und installiertem VCDS
  • ein OBD-Adapter für VCDS.

Wer als OBD-Adapter einen HEX-NET verwendet, kann möglicherweise auch über den Webserver auf dem OBD-Adapter, und damit auch mit Smartphone oder Tablet, arbeiten. In diesem Fall sollte der OBD-Adapter für den ersten Zugang in den Infrastructure-Mode geschaltet werden und dann die Mobilfunkverbindung des Smartphones nutzen. Nach einem Autoscan werden notwendige ASAM-Daten heruntergeladen. Anschließend kann man auf das Motorsteuergerät zugreifen, dabei werden erneut ASAM-Daten heruntergeladen. Diese werden dann auf dem HEX-NET gespeichert, so dass bei späteren erneuten Zugriffen keine Internetverbindung mehr notwendig sein sollte. In meinem Fall war das Problem, dass ich mal eine Alpha-Version von VCDS Mobile getestet hatte, dann aber zurück auf normale Releases gewechselt habe. Das Zurückwechseln von Alpha zu normal stellt aber ein Problem dar (siehe hier).

Untersuchung des Abgassystems

Das Abgassystem wird über das Motorsteuergerät diagnostiziert. Man verbindet sich also mit dem Fahrzeug, und wählt dann das Steuergerät "01 - Engine" aus:

 

Anschließend wählt man "Advanced Measurement Values". Dort sieht man dann eine sehr lange Liste an Messwerten und Diagnosedaten, die man vom Motorsteuergerät abfragen kann. Dabei können maximal 12 Werte gleichzeitig ausgewählt werden:

Im Falle des Škoda umfasst die Liste beim Motorsteuergerät ca. 1200 Werte, wobei einige davon zwar in der Software des Motorsteuergeräts vorgesehen sind, aber nicht unterstützt werden (zum Beispiel die Schwefelbeladung des NOx-Speicherkatalysators: es gibt in diesem Fahrzeug keinen NOx-Speicherkatalysator) oder redundant wirken. Andere Werte stellen Wissen dar, und haben nichts mit Sensoren zu tun. Zum Beispiel weiß das Motorsteuergerät des Fahrzeugs, dass der Partikelfilter bei 80 Gramm Ölasche getauscht oder zerlegt und gereinigt werden muss. Dieses Limit von 80g kann man auslesen.

Welche Sensorwerte braucht man?

Das hängt natürlich davon ab, was man untersuchen will. Beim Protokollieren von Fahrten sollte man Geschwindigkeit und Drehzahl auswählen. Möchte man beurteilen, wieviel Leistung der Motor erbringen muss, ist das Drehmoment sinnvoll. Auch der Kraftstoffverbrauch kann wichtig sein. Die Außentemperatur dürfte in vielen Fällen interessant sein, um die Daten später einordnen zu können.

Weitere Werte, die man braucht, hängen stark vom Anwendungsfall ab. Für die Partikelfilter braucht man andere Werte als für die Abgasrückführung oder das AdBlue-System. Den Füllstand des AdBlue-Tanks möchte man vielleicht auslesen, man braucht ihn aber nicht während einer Fahrt permanent zu protokollieren.

Sensorwerte für das AdBlue-System

AdBlue-Status relevante Werte
...und Werte, die während der Fahrt interessant sind

Für das AdBlue-System gibt es sowohl Werte, die während einer Fahrt interessant sind, als auch Werte, die man eher gelegentlich im Stand anschauen würde.

  • Werte, die während der Fahrt interessant sind:
    • Die Messwerte aller NOx-Sensoren
      • NOx Sensor 1: NOx vor SCR
      • NOx Sensor 2: NOx zwischen SCR1 und SCR2
      • NOx Sensor 3: NOx nach SCR
    • Ammoniak-Beladung beider SCR-Katalysatoren
    • Temperatur in den SCR-Katalysatoren
    • Gesamtmenge an verbrauchtem AdBlue seit der Inbetriebnahme des Motorsteuergeräts
    • Aktueller AdBlue-Verbrauch
    • Aktuelle Aktivität der beiden AdBlue-Injektoren
    • Abgastemperatur
  • Werte, die eher nicht während der Fahrt interessant sind:
    • Füllstand des AdBlue-Tanks in Millimetern
    • aktuell gemessene Harnstoff-Konzentration
  • weitere Werte
    • Spannung und Stromstärke von zwei der Heizkreise des AdBlue-Systems
    • Temperatur im AdBlue-Tank: Der Wert könnte während der Fahrt interessant sein, falls man sein Fahrzeug bei niedrigen Außentemperaturen draußen geparkt hatte und die Wirkung der Heizung des AdBlue-Tanks sehen möchte

Bei den NOx-Sensoren ist zu berücksichtigen, dass nur aktuelle Fahrzeuge 3 Sensoren haben. Fahrzeuge mit nur einem SCR-Katalysator verfügen ober 1 oder 2 Sensoren. Insbesondere Fahrzeuge der Abgasnorm Euro 6b oder Euro 5 arbeiten oft so, dass sie NOx vor SCR schätzen, und zusätzlich entweder NOx vor SCR oder NOx nach SCR messen. 

Sensorwerte für den DPF

DPF-Status eines Fahrzeugs mit EA288 evo

Mindestens folgende Werte sind für den Partikelfilter interessant:

  • Gemessene Ruß-Beladung: Die Feinstaubbeladung des Partikelfilters wird anhand der Messwerte des Differenzdrucksensors bestimmt
  • Berechnete Ruß-Beladung: Anhand verschiedener andere Parameter, zum Beispiel der Temperatur und des Verbrauchs, berechnet das Motorsteuergerät, wieviel Feinstaub entstehen müsste oder wieviel Feinstaub abbrennt, und folglich, wie hoch die Beladung aktuell sein müsste
  • Öl-Asche: Bei der Regeneration des Partikelfilters bleibt immer eine kleine Menge Ölasche zurück. Man kann die geschätzte Beladung mit Ölasche und das Beladungslimit auslesen. Wird das Beladungslimit erreicht, muss der Partikelfilter getauscht oder zerlegt und gereinigt werden
  • Gefahrene Strecke seit der letzten Regeneration
  • Verbrauchter Kraftstoff seit der letzten Regeneration
  • Regenerationsstatus: ob das Motorsteuergerät jetzt den Partikelfilter regenerieren will oder nicht
  • Temperatur im Partikelfilter

Im Bild rechts sieht man zum Beispiel eine Ölasche-Beladung von 5,7 Gramm nach 22.600 Kilometern, sowie eine maximal zulässige Aschebeladung von 80 Gramm. Das bedeutet, dass der Partikelfilter voraussichtlich nach 317.000 km voll ist, was für die Mehrzahl der Fahrer bedeutet, dass der Partikelfilter die gesamte Nutzungsdauer des Fahrzeugs übersteht.

Sensorwerte für die AGR

AGR-Status eines Fahrzeugs mit EA288 evo

Bei der Abgasrückführung kann man sowohl die Ist- und Sollwerte der Position der AGR-Ventile in Prozent auslesen, als auch die Ist- und die Sollwerte des Durchflusses in Kilogramm pro Stunde. Alle Werte können aufgeschlüsselt werden nach Hochdruck-Abgasrückführung ("EGR A") und Niederdruck-Abgasrückführung ("EGR B"). Auch das Zusammenspiel zwischen AGR- und SCR-System ist interessant, da eine hohe AGR-Rate zu niedrigen Werten für NOx vor SCR führen sollte, während niedrige AGR-Raten zu höheren Werten bei NOx vor SCR führen sollten.

Im Beispiel rechts sieht man eine Situation, in der nur die Niederdruck-Abgasrückführung verwendet wird. Da die Hochdruck-Abgasrückfühung in dieser Situation nicht verwendet wird, wird kein Ruß in den Motor zurückgeführt.

Datenaufzeichnung

Drückt man auf "Log" und dann "Start", erhält man eine kontinuierliche Datenaufzeichnung. Die Daten werden dabei in einer CSV-Datei aufgezeichnet. Ich verwende LibreOffice, um solche Dateien zu öffnen. Jede Zeile enthält dann einmal alle gewählten Sensorwerte, sowieso den Zeitstempel auf 0,01 Sekunden genau. Die folgende Abbildung zeigt die Darstellung in LibreOffice:

Für die Erstellung von Momentaufnahmen, die zur Illustration hilfreich sind, verwende ich Automatic ScreenShooter.

Datenauswertung und Visualisierung

Im einfachsten Fall nutzt man ein Programm wie LibreOffice direkt, um Daten auszuwerten. Einfache Graphen lassen sich damit durchaus erzeugen, zum Beispiel, wenn man einfach NOx vor SCR und NOx nach SCR abbilden möchte, oder wenn man den Verlauf von Geschwindigkeit und Drehzahl einer Testfahrt darstellen will. Auch einfache Berechnungen sind möglich, da man Gleichungen in Zellen eintragen kann.

Für die teilweise komplizierteren Auswertungen, die ich hier machen möchte, zum Beispiel den durchschnittlichen AdBlue-Verbrauch bei Durchschnittsbildung über x Kilometer, habe ich mir jedoch eigene Software entwickelt, die aus den Rohdaten, die so aussehen wie oben, eine gnuplot-Datei erzeugt. Anschließend verwende ich gnuplot, um daraus Abbildungen zu erstellen. Vom Prinzip her funktioniert das wie folgt: Wie man oben in den Rohdaten sieht, hat man für jeden Messwert einen Zeitstempel. Zum Beispiel zeigt Zeile 1200 eine Geschwindigkeit von 116 km/h bei Zeitstempel 419,37s. Die nachfolgende Zeile zeigt den Zeitstempel 419,71s. D.h. also, dass Zeile 1200 eine Zeitspanne von 0,34s umfasst. Bei 116 km/h legt man in 0,34s etwa 10,96m zurück. Um eine Auswertung des Verbrauchs mit einem Durchschnitt über 1 Kilometer zu machen, muss man also zu jeder Zeile eine Umgebung suchen, innerhalb derer dann 1 Kilometer zurückgelegt wurde. 

Die folgende Abbildung zeigt beispielhaft, wie ein solcher Graph dann aussieht. Die meisten dieser Graphen können durch Anklicken vergrößert werden. In diesem Fall ist eine längere Autobahnfahrt abgebildet:

Oft werden beide Y-Achsen verwendet. In diesem Fall hier zeigt die linke Y-Achse Geschwindigkeit und Temperatur, die rechte Y-Achse den Verbrauch. In anderen Beispielen zeigt die rechte Y-Achse die Werte der NOx-Sensoren, oder die Motordrehzahl.

Artikel 

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