Analyse mittels VCDS: DPF-Regeneration beim EA288 evo
Auch rund um die Regeneration des Partikelfilters werden viele Behauptungen und Vermutung verbreitet, ohne dass die Autoren tatsächlich Fahrzeuge mit einem Diagnosesystem untersucht haben. Zum Beispiel, dass eine aktive Regeneration nur bei häufigem Stadtverkehr notwendig wird, oder, das andere Extrem, dass eine aktive Regeneration höhere Geschwindigkeit und Drehzahl erfordert. In diesem Artikel zeige ich am Beispiel meines Fahrzeugs, wie sich das Fahrzeug im Zusammenhang mit der Regeneration des Partikelfilters tatsächlich verhält.
Zunächst einmal ist es so, dass die Beladung des DPF, d.h. die Menge an Feinstaub im DPF, auf zwei verschiedenen Wegen ermittelt wird. Zum einen verfügt das Motorsteuergerät über ein theoretisches Modell darüber, wann wieviel Feinstaub entsteht und im Partikelfilter aufgefangen wird oder wann wieviel Feinstaub abbrennt. Zum anderen gibt es einen Differenzdrucksensor. Anhand der Differenz des Abgasdrucks vor und hinter dem DPF kann geschätzt werden, wie hoch die Beladung des DPF ist.
Die berechnete Beladung des DPF bezieht sich dabei auf das theoretische Modell, die gemessene Beladung auf den Differenzdrucksensor - auch wenn die Beladung natürlich anhand der Messwerte des Differenzdrucksensors berechnet werden.
Erreicht der DPF einen bestimmten Füllstand, bei meinem Fahrzeug sind das 24 Gramm, leitet das Motorsteuergerät eine aktive Regeneration ein. Das bedeutet, dass die notwendige Hitze erzeugt wird, um den Feinstaub im DPF abzubrennen. Eine der Maßnahmen dafür ist die Nacheinspritzung. Dabei wird zusätzlicher Kraftstoff eingespritzt, und zwar so, dass die Abgastemperatur stark erhöht wird. Während der aktiven Regeneration ist der Kraftstoffverbrauch höher, und die Start/Stopp-Automatik wird deaktiviert. Wird das Fahrzeug abgestellt, bevor die Regeneration abgeschlossen ist, hört man nach dem Abstellen des Motors deutlich einen Lüfter, und es kann ein markanter Geruch entstehen. Bei der nächsten Fahrt wird die aktive Regeneration erneut begonnen, auch wenn zu Beginn der nächsten Fahrt weniger als 24 Gramm Feinstaub im DPF sind.
Steigt die Beladung des DPF deutlich über 24 Gramm, dann werden weitere Maßnahmen eingeleitet:
- zunächst leuchtet die DPF-Warnlampe auf. Der Fahrer wird somit aufgefordert, eine Regenerationsfahrt durchzuführen. Das Handbuch gibt hierfür 60 km/h an. Der Grund für diese Mindestgeschwindigkeit dürfte sein, dass die Regeneration des DPF dringend ist. Unter normalen Umständen ist keine besondere Fahrweise notwendig, um eine aktive Regeneration zu unterstützen.
- hilft auch das nicht, leuchtet die Motorkontrollleuchte auf, und der Motor geht in den Notlauf. Eine normale aktive Regeneration wird hier nicht mehr versucht, stattdessen muss eine aktive Regeneration per Diagnosesystem ausgelöst werden.
- bei einer Beladung von (vermutlich) 60 Gramm gilt der DPF als defekt. Das Motorsteuergerät erlaubt keine aktive Regeneration mehr, da die Gefahr von Schäden zu groß ist. Fahrzeughersteller möchten dann ein Neuteil einbauen, DPF-Reinigungsdienstleister möchten den ausgebauten DPF extern reinigen. So oder so muss der DPF aus- und wieder eingebaut werden.
Die folgenden Datensätze zeigen vor allem zwei Dinge:
- die aktive Regeneration funktioniert auch im Stadtverkehr ohne Probleme
- die aktive Regeneration ist bei diesem Fahrzeug im Regelfall auch bei reinem Autobahnbetrieb nötig
Aktive Regeneration im Stadtverkehr
Das folgende Bild zeigt das Fortsetzen einer aktiven Regeneration. Bei der vorherigen Fahrt hatte das Fahrzeug erst kurz vor Ende der Fahrt eine aktive Regeneration gestartet, so dass am Ende der vorherigen Fahrt immer noch 22 Gramm Feinstaub im DPF waren. Ich hatte also die Möglichkeit, eine DPF-Regeneration aus dem Kaltstart heraus zu untersuchen.
Man sieht, dass es etwa 400 Sekunden dauert, bis sich die Beladung des DPF tatsächlich verringert. Bei 625 bis 700 Sekunden sieht man, dass die Regeneration auch im Standgas weiterhin funktioniert, auch wenn sich die Temperatur im Partikelfilter langsam verringert. Typische Ampelstopps stören die Regeneration offensichtlich nicht. Die gefahrenen Geschwindigkeiten liegen dabei einmal kurz bei 50 km/h, sonst eher bei 30 km/h oder darunter. 1250 Sekunden nach Fahrtbeginn ist die Regeneration abgeschlossen.
Das heißt: die Behauptung, Kurzstreckenbetrieb sei für den DPF ein Problem, hängt von der Definition von "Kurzstrecke" ab. Eigentlich ist "Kurzzeitbetrieb" das Problem, nicht Kurzstreckenbetrieb. Man muss dem Motor die notwendige Zeit für eine Regeneration geben, dann erzeugt er die notwendige Hitze auch im Stadtverkehr. Fahrten von 10 Minuten reichen dafür aber nicht aus.
Passive Regeneration auf der Autobahn
Der nächste Datensatz zeigt, in welchem Maße die passive Regeneration bei Autofahrten ausreicht, um den Feinstaub im DPF abzubrennen. Wie die obige Abbildung schon zeigt, sind mindestens 450°C notwendig, damit überhaupt Feinstaub abbrennt, und 500°C, damit dies mit vernünftiger Geschwindigkeit geschieht.
Erreicht man diese 500°C allein durch zügige Fahrweise? Die folgende Abbildung zeigt eine ca. 340 km lange Strecke, bei der die ersten paar Kilometer fehlen. Es findet keine aktive Regeneration statt. Trotz zügiger Fahrweise werden die notwendigen 500°C jedoch selten erreich. Über die gesamte Strecke erhöht sich die Beladung des DPF um etwa 3g. Nimmt man nur den Abschnitt von 1250 bis 7250 Sekunden, d.h. eine längeren Autobahnabschnitt mit wenig Tempolimits, aber relativ viel Verkehr während des Tests, dann sinkt die gemessene Beladung zwar deutlich, die berechnete Beladung jedoch kaum. Nur im Bereich um 7000 Sekunden herum sinkt die Beladung nennenswert.
Man kann also sagen: Bei typischen Verkehrsbedingungen, und erst Recht auf Autobahnabschnitten mit Tempolimit, wird der DPF mit so viel Feinstaub beladen, dass auch bei Autobahnfahrt aktive Regenerationen notwendig werden.
Davon abgesehen würde nach 750 km sowieso eine aktive Regeneration stattfinden, auch wenn die Beladung des DPF unter 24 Gramm liegt. Dazu setzt das Motorsteuergerät einfach den Wert für die berechnete Beladung spontan auf 24 Gramm. Zum einen dient dies als Schutzmaßnahme, falls sowohl der Differenzdrucksensor als auch das theoretische Modell versagen. Letzteres könnte zum Beispiel passieren, wenn Temperatursensoren nicht korrekt funktionieren. Zum anderen reicht der Schwefelanteil von maximal 10 ppm auch beim heutigen Dieselkraftstoff noch aus, um eine Schwefelvergiftung in Kupfer-Zeolith-basierten SCR-Katalysatoren zu verursachen. Die Entschwefelung dieser Art von SCR-Katalysator benötigt mindestens 500°C, was einfach bedeutet, dass während der DPF-Regeneration ohnehin eine Entschwefelung der SCR-Katalysatoren stattfindet.
NOx-Emissionen im Stadtverkehr während einer DPF-Regeneration
Ein weiterer Aspekt ist die Frage, wie gut das SCR-System während der DPF-Regeneration funktioniert. Auf Grund der hohen Temperaturen von 600°C in der DPF/SCR-Kombination und bis zu 500°C im zweiten SCR-Katalysator ist hier nicht viel zu erwarten, denn bei solchen Temperaturen tritt in nennenswertem Umfang Ammoniak-Oxidation auf, d.h. Ammoniak verbrennt direkt, ohne mit Stickoxiden zu reagieren.
Die folgende Abbildung zeigt das Ende einer Fahrt, bei der noch auf der Autobahn, kurz vorm Übergang in den Stadtverkehr auf eine Straße, auf der 60 km/h erlaubt sind, die Regeneration beginnt. Den Beginn der Aufheizphase sieht man dort, wo die Temperatur zu steigen beginnt, bei ca. 1260 Sekunden. Bei etwa 1650 Sekunden liegt die Temperatur bereits bei 600°C, die Regeneration ist also in vollem Gange. Die NOx-Werte liegen bei 200 mg/km vor SCR und 100 mg/km nach SCR. Die Umwandlungsrate liegt also noch bei 50%. Gegen Ende fällt die Umwandlungsrate auf 30%. Hierbei ist zu beachten, dass bei so niedrigen Geschwindigkeiten bei laufender Regeneration eine nennenswerte Menge an Kraftstoff allein für die Generierung von Hitze verwendet wird. Dadurch entstehen auch mehr Schadstoffe. Ohne DPF-Regeneration wäre nicht nur NOx nach SCR viel niedriger, sondern auch NOx vor SCR wäre niedriger.
DPF-Regeneration im Stop&Go-Verkehr
Die folgenden Abbildungen zeigen eine Regeneration, die im Stop&Go-Verkehr begonnen wird, und bei der vor allem die gesamte Aufheizphase im Stop&Go-Verkehr stattfindet. Die Aufheizung beginnt bei 2.400 Sekunden.
Die erste Auffälligkeit ist, dass während der Aufheizung der NOx-Sensor 2 höhere Werte als NOx-Sensor 1 anzeigt. Das liegt daran, dass mehrere Umstände zusammenkommen:
- ganz allgemein reagieren NOx-Sensoren nicht nur auf Stickoxide, sondern auch auf Ammoniak
- im Stadtverkehr wird mit hoher Ammoniak-Beladung gefahren, da nur so auch bei niedrigen Katalysatortemperaturen von 250°C oder noch weniger überhaupt die gewünschten chemischen Reaktionen stattfinden
- mit zunehmender Katalysatortemperatur sinkt die Ammoniak-Speicherfähigkeit. Bei schneller Aufheizung im Stadtverkehr löst sich viel mehr Ammoniak, als überhaupt verbraucht werden kann
Während der Aufheizphase misst der zweite Sensor viel mehr Ammoniak als Stickoxide. Dieser Ammoniak wird dann zunächst im zweiten SCR-Katalysator gespeichert, dort passiert jedoch kurze Zeit später das gleiche. Am dritten NOx-Sensor ist nur deswegen kein solcher Effekt zu sehen, weil es bei dieser Fahrzeuggeneration einen Ammoniak-Sperrkatalysator, also eine Abgasreinigung für Ammoniak gibt, und der dritte NOx-Sensor befindet sich hinter dem Ammoniak-Sperrkatalysator.
Die aktive Regeneration im Stop&Go-Verkehr ist langsamer als sonst, funktioniert aber. Ab etwa 2.700 Sekunden sieht man, dass die Rußbeladung des DPFs sinkt, also dass Ruß verbrannt wird. Eine Besonderheit des Stop&Go-Verkehrs ist, dass zwar die DPF/SCR-Kombination zu heiß für eine funktionierende SCR-Reaktion ist, der zweite SCR-Katalysator bleibt jedoch bis Sekunde 3.250 funktionsfähig. Beim anschließenden Übergang auf die Autobahn steigt auch die Temperatur im zweiten SCR-Katalysator so hoch, dass keine nennenswerte Wirkung mehr möglich ist.