Keine "Konformitätsfaktoren" durch die Hintertür
Im Dezember 2018 hat der EuGH entschieden, dass die Abgasnormen Euro 5 und Euro 6, die 2007 definiert wurden, so gemeint waren, dass die Emissionsgrenzwerte (nicht nur für NOx) auch im Realbetrieb einzuhalten sind und dass es daher unzulässig sei, ohne vollständiges Gesetzgebungsverfahren irgendwelche "Korrekturfaktoren" (faktisch: erlaubte Verschlechterungsfaktoren) einzuführen [1]. Dabei spiele es keine Rolle, ob ein RDE-Test möglicherweise tatsächlich schwieriger sei als ein Labortest.
Genau solche erlaubten Verschlechterungsfaktoren hatte jedoch ein technischer Ausschuss definiert, als die genauen Testbedingungen für RDE-Tests, d.h. echte Abgastests auf öffentlichen Straßen, festgelegt wurden: Bei Stickoxiden sollte zunächst der 2,1x-Grenzwert des Labortest-Grenzwertes von 80mg NOx/km (Diesel) und 60mg NOx/km (Benziner) gelten. Schlussfolgerung: Ohne rechtzeitige Verabschiedung einer neuen Vorschrift würde bald ein Grenzwert von 80mg NOx/km auch in RDE-Tests gelten.
Diverse Medien haben daraus diverse Falschinformationen generiert:
- Angeblich hätte der EuGH damit Fahrverbote für alle diejenigen Euro 6 - Fahrzeuge ermöglicht, die ihre Grenzwerte im Realbetrieb nicht einhalten. Es handelt sich um Falschinformationen, weil das Urteil keinen Einfluss auf die Möglichkeit oder Unmöglichkeit solcher Fahrverbote hat. Solche Verkehrseinschränkungen richtigen sich nur nach dem tatsächlichen Schadstoffausstoß und nach der Schadstoffbelastung von Stadtluft, nicht nach dem erlaubten Schadstoffausstoß von Fahrzeugen (siehe Grundlagen für Verkehrseinschränkungen)
- Antidieseltrolle versuchen auf diese Weise, Autokäufern Angst vor weiteren Fahrverboten zu machen
- Einige Medien versuchen auf diese Weise den Eindruck zu erwecken, dass es eine Verschwörung gegen die deutsche Automobilindustrie gibt und dass hier Unmögliches gefordert wird, obwohl es schon seit vielen Jahren möglich ist, den Grenzwert von Euro 6 auch im Realbetrieb einzuhalten (siehe dazu den Abschnitt über Abgastests in den USA im Beitrag Vorgeschichte)
- Für einige Medien hat "Click-Bait" und die daraus folgenden Werbeeinnahmen höhere Priorität als inhaltlich zutreffende Berichterstattung
- Andere Medien stellen es zwar nicht als Verschwörung dar, behaupten jedoch, dass der Grenzwert von 80mg NOx/km für Diesel-PKW ein Problem darstellen würde. Hier ist nicht klar, ob es sich um Anti-Diesel-Trolle, oder ob den Autoren einfach die notwendige Sachkenntnis fehlt.
Auf Grund dessen, wie offensichtlich die Inhaltsfehler entsprechender Medienberichte sind und wie leicht diese Inhaltsfehler durch Recherche hätten vermieden werden können, erfolgt hier eine Einordnung als Falschinformation.
Externe Links:
[1] Gericht der Europäischen Union PRESSEMITTEILUNG Nr. 198/18 (Quelle: Gericht der Europäischen Union, abgerufen: 07.09.2019)