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Vorsicht Zulassungszahlen
Im Jahr 2023 war in Deutschland der Diesel-Anteil mit 24,4% höher als 2022 mit 23,6%. Im Jahr 2024 ist er wieder auf das Niveau von 2022 gesunken und lag bei 23,7%.
Journalisten dagegen behaupten regelmäßig deutlich niedrigere Werte. Auch das Thema der Anzahl der neu zugelassenen Fahrzeuge ist ein Thema, bei dem sich die fanatischen Verbrenner-Gegner, und besonders die Anti-Diesel-Trolle, ziemlich austoben. In diesem Artikel zeige ich, wie sie das machen.
Exponentielles Wachstum
Im Zusammenhang mit Zulassungszahlen wird oft behauptet, der Anteil an Elektroautos wachse exponentiell.
Das ist Unsinn. Der Begriff "exponentiell" ist in der Mathematik klar definiert: nach jedem festen Zeitintervall kommt ein Faktor dazu. Würde der Anteil der Elektrofahrzeuge zum Beispiel mit einem Faktor von 1,5 pro Jahr wachsen, dann hätten wir Marktanteile von 10%, 15%, 22,5%, 33,8%, 50,6%, 75,9%, 114%, 171% usw. Aber auch, wenn wir Werte über 100% weglassen, gibt es keinen vernünftigen Grund, warum der Marktanteil von Elektrofahrzeugen exponentiell wachsen sollte. Exponentielles Wachstum setzt voraus, dass Zahl zu einem Zeitpunkt die Zahl zu einem anderen Zeitpunkt beeinflusst. Wenn sich Bakterien alle x Stunden teilen, dann hat man nach 10*x Stunden 1024 Mal so viele wie vorher. Bei Auto gibt es keinen vergleichbaren Mechanismus. Weder bei der Gewinnung der notwendigen Rohstoffe, noch bei den Fabriken zur Herstellung der Bauteile, noch bei den Werken, die die Autos zusammenbauen.
Die Ausrede, schlecht in Mathematik gewesen zu sein, ist keine Ausrede dafür, "exponentiell" in der Bedeutung "stark" oder "schnell" zu verwenden. Exponentiell hat nur eine Bedeutung, und zwar die, die ich im vorherigen Absatz erklärt habe. Bei Fahrzeugen gibt es kein exponentielles Wachstum.
Der angebliche Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer scheint auch nicht zu wissen, was "exponentiell" bedeutet [13]:
Elon Musk macht die Pace und wächst exponentiell“, sagt Auto-Experte Dudenhöffer gegenüber dem AKTIONÄR.
Was vielleicht gemeint sein könnte wäre Wachstum in Form einer Sigmoidalfunktion, aber auch ein solches ist für Elektrofahrzeuge nicht erkennbar. Das müsste man dann "sigmoidales Wachstum" nennen.
Mild-Hybride sind Verbrenner, werden aber nicht so gezählt
Wie Auto Motor Sport bereits Anfang 2020 berichtete [1], zählt das KBA sogar Mild-Hybride nur als Hybride, obwohl Mild-Hybride ohne Kraftstoff nicht einmal ausparken können. Diese führte zur absurden Aussage, dass vom Audi A8 angeblich im Jahr 2019 nur 4% der neu zugelassenen Fahrzeuge Dieselfahrzeuge waren, obwohl es tatsächlich 80% waren. Das lag einfach daran, dass 76% der neu zugelassenen Audi A8 im Jahr 2019 Diesel-Mild-Hybride waren. Das macht aber nicht nur das KBA so: schaut man sich die europaweiten Zulassungszahlen für "Hybride" an, z.B. den Anteil von über 28 Prozent für Oktober 2023, dann ist es dort offensichtlich genauso, denn es gibt gar nicht so viele Voll-Hybrid-Modelle, dass ohne Mild-Hybride ein Wert von 28 Prozent zustande kommen könnte.
Die Welt hat einen Artikel, der diesen "Fehler" enthielt und dadurch viel zu geringe Diesel-Anteile als Argument verwendet hat, hinter eine Paywall verschoben, nachdem mehrere User im Forum darauf hingewiesen hatten, warum der Diesel-Anteil bei sehr großen Fahrzeugen angeblich so gering ist. Der Artikel findet sich unter [15].
Ab dem Jahr 2021 veröffentlicht das KBA aufgeschlüsselte Zahlen, in denen Diesel, Diesel-Mild-Hybride, Diesel-Plugin-Hybride, Benzin-Mild/Voll-Hybride1, Benzin-Plugin-Hybride und Elektroautos aufgeschlüsselt sind. In den Pressemeldungen selbst bleibt das KBA jedoch dabei, Mild-Hybride nicht als Verbrenner zu zählen. Dadurch kann das Verkehrsministerium, dem das KBA untersteht, kleinere Marktanteile für Verbrenner berichten, und so eine Geschwindigkeit bei der Antriebswende2 vortäuschen, die es nicht gibt. Um die aufgeschlüsselten Zahlen zu finden, muss man sich für den entsprechenden Monat die FZ10-Statistik anschauen. Den Einstiegspunkt findet man momentan unter [16].
Der angebliche Experte Ferdinand Dudenhöffer hat sogar die Ausrede verwendet, dass er die Benziner-Zahlen erst raussuchen müsste [4]: dadurch, dass Mild- und Vollhybride nicht als Verbrenner gezählt werden, obwohl sie nicht extern aufgeladen werden können, sinken natürlich die Marktanteile der reinen Benziner und der reinen Diesel gleichermaßen, Dudenhöffer will jedoch nur den Diesel totreden. Siehe dazu Falsche Vorhersagen über Diesel.
Auch im Juli 2023 muss die gleiche Methode angewendet werden, um Überschriften der Art "Mehr E-Autos als Diesel zugelassen" zu generieren, z.B. in [17]. Positiv zu erwähnen ist die FAZ, die das Thema erneut aufgegriffen hat [18]. Heise behauptet im Oktober 2023 gar "Pkw-Verkaufszahlen in der EU: Elektroautos wieder vor Modellen mit Dieselmotor" [19]. Modelle mit Dieselmotor sind, und zwar ohne jeden Zweifel, alle Fahrzeuge, die (unter anderem) einen Dieselmotor haben. Zu den "Fahrzeugen mit Dieselmotor" gehören reine Diesel, Diesel-Mild-Hybride, und Diesel-Plugin-Hybride, und zwar unabhängig davon, dass aus politischen Gründen nur die reinen Diesel als "Dieselfahrzeuge" gezählt werden. Das Problem: bei EU-weiten 12,7% "Diesel" und 14,8% Elektroautos lag der echte Dieselanteil bei mindestens 16%, womit die Behauptung "Elektroautos wieder vor Modellen mit Dieselmotor" falsch ist. Somit behauptet Heise, dass Diesel-Mild-Hybride keinen Dieselmotor hätten, was die Frage aufwirft, warum sie "Diesel-Mild-Hybrid" heißen.
Für das Gesamtjahr 2023 ergibt sich nun, wenn man reine Diesel und Diesel-Mild-Hybride addiert, ein Dieselanteil von 24,4% (486.581 reine Diesel und 208.149 Mild-Hybride von insgesamt 2.844.609 Fahrzeugen), während sich für 2022 nur ein Dieselanteil von 23,6% ergibt (472.274 reine Diesel und 153.135 Mild-Hybride von insgesamt 2.651.357 Fahrzeugen). Während die reinen Diesel immer weniger werden, legen Diesel-Mild-Hybride weiter zu.
Bei Bedarf werden Plugin-Hybride als Elektroauto gezählt
Gegen Ende 2021 wurden in Monaten, in denen man Plugin-Hybride als "Elektroauto" zählen musste, damit mehr "Elektroautos" als Diesel zugelassen wurden, Plugin-Hybride einfach als "Elektroauto" gezählt, um die Überschrift "Mehr E-Autos als Diesel zugelassen" [14] generieren zu können.
Vermischung von relativen und absoluten Zahlen
Im Mai 2023 wurden in Deutschland 21.096 Diesel-Mild-Hybride neu zugelassen, das sind 75,4% mehr als die 12.030 vom Mai 2022. Im gleichen Zeitraum ist die Anzahl der Neuzulassungen von Elektroautos nur um 46,6% gestiegen, nämlich von 29.182 auf 42.780. Nach der Logik der fanatischen Verbrenner-Gegner gilt nun: Wenn die Anzahl der Neuzulassungen von Elektroautos um 46,6% steigt, dann gibt es in wenigen Jahren nur noch Elektroautos, weil der Anstieg ja offensichtlich exponentiell ist. Erstaunlicherweise verwenden fanatische Verbrenner-Gegner die gleiche Logik aber nicht, wenn es um Diesel-Mild-Hybride geht.
Vermischt man nun absolute und relative Zahlen, dann kann man sich jedes Ergebnis erzeugen, das man gerade haben will. Die folgende Tabelle zeigt nun beispielhaft Daten des KBA aus der FZ10-Statistik für Mai 2023 und Mai 2022.
Zeitraum | PKW gesamt | davon reine Diesel | davon Diesel-Mild-Hybride | Diesel gesamt | Elektro |
Mai 2022 | 207.199 | 42.000 = 20,3% | 13.050 = 6,3% | 55.050 = 26,6% | 29.182 = 14,1% |
Mai 2023 | 246.966 | 43.505 = 17,6% | 21.096 = 8,5% | 64.601 = 26,2% | 42.780 = 17,3% |
Wer nun gegen Diesel-Fahrzeuge trollen will, der sagt: Während die Anzahl der Neuzulassungen um 19% gewachsen ist, ist die Anzahl der Diesel-PKW nur um 3,6% gewachsen (von 42.000 auf 43.505), und verschweigt absichtlich die Mild-Hybride. Oder sagt, der Marktanteil von Diesel-PKW sei von 20,3% auf 17,6% geschrumpft. Wer dagegen kein Interesse hat, gegen Diesel-Fahrzeuge zu trollen, der sagt: Der Markt der Diesel-PKW ist um 17,3% gewachsen, nämlich von 55.050 auf 64.601. Oder: Der Anteil von Diesel-Fahrzeugen an Neuzulassungen ist von 26,6% auf 26,2% minimal zurückgegangen. Je nach politischer Überzeugung und Auftraggeber des Autors kann der also 3,6% oder 17,3% angeben, und kann für beide Angaben auf Zahlen des KBA verweisen, oder er kann von einem Einbruch um wahlweise 2,7 Prozentpunkte oder 0,4 Prozentpunkte beim Marktanteil sprechen.
Der große "Gestaltungsspielraum" kommt daher, dass absolute Zahlen und relative Zahlen vermischt werden.
Große Schwankungen zwischen den Herstellern
Einige Marken vollen keine Diesel-PKW mehr verkaufen, andere wollen. Logischerweise haben also diejenigen, die wollen, einen größeren Anteil an Diesel-Fahrzeugen als der Gesamtmarkt. Zum Beispiel hat Audi von Januar bis Mai 2023 insgesamt 100.661 Neuzulassungen, davon 9.822 reine Diesel und 28.473 Diesel-Mild-Hybride, zusammen also 38.295 = 38,0%. Anti-Diesel-Trolle behaupten nun, dass der Marktanteil von Diesel-PKW ja nur bei 17,6% läge (siehe die Tabelle oben), und dass es sich daher gar nicht mehr lohne, Diesel-PKW anzubieten, sie verschweigen dabei aber, dass Audi bei 38% liegt.
Schaut man in einzelne Modelle, ist es noch offensichtlicher. Im ersten Halbjahr 2023 hat, laut der FZ10-Statistik:
- Škoda 83.449 Neuzulassungen in Deutschland. Bei einzelnen Modellen:
- OCTAVIA: 23.011, davon 17.821 Diesel, also 77,4%
- Superb: 8.015, davon 5.905 Diesel, also 73,7%
- Kodiaq: 11.548, davon 8.010 Diesel, also 69,4%
- VW: Ähnliche Quoten wie Škoda
- BMW: 111.635 Neuzulassungen in Deutschland. Bei einzelnen Modellen:
- 3er: 16.879, davon 8.864 Diesel-Mild-Hybride, also 52,5%
- 5er: 12.557, davon 8.559 Diesel-Mild-Hybride, also 68,2%
- X3: 11.136, davon 6.056 Diesel-Mild-Hybride, also 54,4%
Vorsicht bei Zulassungszahlen für E-Autos
In den Jahren 2021 und 2022 gab es besondere Effekte, die im November und Dezember zu höheren Zulassungszahlen für E-Autos führten, die aber von Anti-Diesel-Trollen verwendet werden, um einen falschen Eindruck zu erwecken.
Im Jahr 2021 war relativ lange unklar, ob der doppelte staatliche Zuschuss bei der Förderung auch im Jahr 2022 erhalten bleiben würde, d.h. ob die staatliche Förderung bei 6.000€ bleibt, oder ob sie auf 3.000€ sinkt. Autohersteller können aber nicht bis Dezember warten, um die Dezember-Produktion planen.
Im Jahr 2022 wurde dann klar, dass der Zuschuss für Anträge ab 2023 auf 4.500€ sinkt. Im Jahr 2021 haben sich Autohersteller also entschieden, gegen Jahresende mehr E-Autos zu produzieren als vorher und nachher, und ich wage die Vorhersage, dass die Zahlen für Anfang 2023 ähnlich aussehen werden wie für Anfang 2022. Ein noch tieferer Einbruch wegen der geringeren staatlichen Förderung und der massiv gestiegenen Strompreise wird dagegen noch auf sich warten lassen, da erst einmal die vorhandenen Bestellungen abgearbeitet werden müssen, was mindestens 1 Jahr dauern wird. Es könnte aber sein, dass Ende 2022 einfach besonders viele E-Autos in der Produktion vorgezogen wurden, damit die Kunden noch den vollen Zuschuss beantragen können.
Außerdem müssen Autohersteller einen Flottengrenzwert beim CO2 einhalten, z.B. 95g CO2/km für 2021. Es macht aus dieser Sicht Sinn, gegen Jahresende exakt so viele E-Autos zu produzieren, dass der Flottendurchschnitt eine Punktlandung wird. Falls dieser Aspekt weniger E-Autos erfordert als der vorherige, kann der Hersteller natürlich wählen, ob er sein CO2-Ziel unterbieten möchte, damit mehr Kunden die volle Prämie bekommen, oder nicht.
Das ganze wird deutlich, wenn man sich die Zulassungszahlen direkt anschaut. Die Veränderung von Ende 2021 zu Anfang 2022 ist besonders bemerkenswert:
Jahr | Monat | Neuzulassungen | ||
Gesamt | davon E-Autos | Anteil | ||
2020 | November | 290.150 | 28.965 | 10,0% |
Dezember | 311.394 | 43.671 | 14,0% | |
2021 | Januar | 169.754 | 16.315 | 9,6% |
Februar | 194.349 | 18.278 | 9,4% | |
... | .. | .. | ||
November | 198.258 | 40.270 | 20,3% | |
Dezember | 227.630 | 48.436 | 21,3% | |
2022 | Januar | 184.112 | 20.892 | 11,3% |
Februar | 200.512 | 28.306 | 14,1% | |
März | 241.330 | 34.474 | 14,3% | |
... | ||||
November | 260.512 | 57.980 | 22,3% | |
Dezember | 314.318 | 104.325 (!) | 33,2% (!) | |
2023 | ... | ... | ... | ... |
Besondere Vorsicht bei Zulassungszahlen für Tesla
Die monatlichen Neuzulassungszahlen bei Tesla unterliegen sehr starken Schwankungen. Das liegt einfach daran, dass Tesla nicht einen gleichmäßigen Strom von Fahrzeugen überall hin ausliefert, sondern dass sporadisch größere Auslieferungen stattfinden. Wenn dann mehrere Monate lang praktisch nichts nach Deutschland geliefert wurde, und dann im folgenden Monat besonders viele Teslas nach Deutschland ausgeliefert wurden, dann bringen einige Trolle Meldungen der Art "Mehr Teslas als VW Golf zugelassen".
Um das mal zu demonstrieren, zeigt die folgende Tabelle die monatlichen Neuzulassungen von Teslas in Deutschland. Die Zahlen stammen alle vom KBA aus den FZ10-Statistiken:
2021 | 2022 | |
Januar | 453 | 419 |
Februar | 1.918 | 5.944 |
März | 3.703 | 8.045 |
April | 484 | 650 |
Mai | 2.744 | 293 |
Juni | 4.466 | 2.908 |
Juli | 489 | 1.184 |
August | 3.810 | 5.291 |
September | 7.903 | 13.724 |
Oktober | 1.469 | 3.185 |
November | 5.613 | 10.819 |
Dezember | 6.662 | N/A |
Tesla hat im Jahr 2022 in Deutschland bis inkl. November 52.462 Neuzulassungen, davon 1/4 im September. Der September ist also nicht repräsentativ, nicht einmal ein kleines bisschen. Dennoch wird er gerne so dargestellt.
Fußnoten
1: Mild- und Vollhybride werden in dieser Statistik nicht noch einmal aufgeschlüsselt. Man müsste sich die einzelnen Modelle anschauen und prüfen, welche der Modelle nur als Mild-Hybrid, und welche nur als Vollhybrid angeboten werden. Bei Dieselfahrzeugen stellt sich das Problem nicht, weil es keine Diesel-Voll-Hybride gibt. Es gibt im Markt nur Diesel-Mild-Hybride und Diesel-Plugin-Hybride.
2: Antriebswende und Verkehrswende sind verschiedene Dinge und sollten auseinandergehalten werden
Externe Links
[1] IRREFÜHRENDE KBA-STATISTIK (Quelle: Auto Motor Sport, abgerufen: 02.01.2021)
[4] https://twitter.com/DudenhofferAUTO/status/1331628894529654787
[5] Auto-Experte ist sicher: Die Zeit des Diesels ist vorbei (abgerufen: 08.02.2021)
[8] Pressemitteilung Nr. 02/2021 - Fahrzeugzulassungen im Dezember 2020 - Jahresbilanz (Quelle: KBA, abgerufen: 19.02.2021)
[11] https://twitter.com/MasseyFriend/status/1558812690986008576
[12] Autoabsatz: Verkaufszahlen im Keller, Stimmung eingetrübt (Quelle: heise, abgerufen: 06.09.2022)
[13] „Tesla wächst exponentiell, Elon Musk macht die Pace“ (Quelle: der Aktionär, abgerufen: 08.07.2023)
[14] Autozulassungen - Elektro überholt Diesel (Quelle: Spiegel, abgerufen: 08.07.2023)
[15] Die Autobauer leiten jetzt das Ende des Diesel ein (Quelle: Welt, abgerufen: 08.07.2023)
[19] https://www.heise.de/news/Pkw-Verkaufszahlen-in-der-EU-Elektroautos-wieder-vor-Modellen-mit-Dieselmotor-9339823.html
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Vergleich: Benziner gegen Diesel
Die Französische Regierung hat im Jahr 2019 eine Studie in Auftrag gegeben, bei der die Emissionen von 22 Gebrauchtfahrzeugen der Abgasnorm Euro 6d-TEMP über eine längere Strecke gemessen wurden [1]. Ziel der Studie war es, die falsche Meinung der Regierung über die Emissionen von modernen Diesel-Fahrzeugen zu bestätigen: Die Anti-Diesel-Trolle der französischen Regierung suchten nachträglich eine Rechtfertigung für die bereits getroffene Entscheidung, Diesel-Fahrzeugen keine "Crit'Air 1"-Plakette zu geben. Dass die Entscheidung bereits 2019 getroffen wurde, geht aus [2] hervor. Dort sagt die zuständige Ministerin sinngemäß, dass ihr Abgasmessungen egal seien.
Umweltzonen in Frankreich verlangen eine bestimmte Crit'Air-Plakette, wobei 1 die strengste Variante für Verbrenner darstellt. Das Prinzip ist also vergleichbar mit den Umweltzonen in Deutschland. Die Bezeichnung als Anti-Diesel-Troll ist schon deswegen gerechtfertigt, weil die Studie die falsche Meinung der Regierung widerlegt, aber die Regierung bleibt dabei, keine Crit'Air 1 - Plakette für Diesel-Fahrzeuge zu vergeben.
Während bei den meisten Tests die Regeneration des Partikelfilters nicht berücksichtigt wird, umfassen die Ergebnisse dieser französische Studie ausdrücklich auch das Verhalten während der Regeneration des Partikelfilters. Dadurch kann definitiv bewiesen werden, dass an den haltlosen Behauptungen von Transport & Environment zur Regenerationsphase von Partikelfiltern (siehe Artikel Feinstaub) nichts relevantes dran ist.
Die Fahrzeuge für die Studie wurden anhand der Zulassungszahlen in Frankreich ausgewählt.
Hier die Ergebnisse:
Schadstoff | Benziner | Diesel (alle) | Diesel (nur mit SCR) |
Kohlenmonoxid [mg/km] | 434 | 83 | - |
HC [mg/km] | 19 | 23 | - |
Partikel (Anzahl pro km) | 1,6*1011 | 0,58*1011 (inkl. Regenerationen) 0,11*1011 (ohne Regenerationen) |
- |
NOx [mg/km] | 20 | 89 | 57 |
NH3 | 15 | 11 | - |
Für den CO2-Ausstoß hat sich ein Vorteil von 11% für die getesteten Diesel-Fahrzeuge ergeben. Dieser Vorteil entsteht dadurch, dass ähnliche Fahrzeuge verglichen wurden. In Deutschland liegt der durchschnittliche CO2-Ausstoß von neuen Diesel-PKW etwas über dem von neuen Benzinern, weil Diesel-PKW hier viel größer und schwerer sind: In Deutschland werden Benziner-Kleinwagen mit Diesel-SUVs verglichen, um dann ganz erstaunt zu tun, dass Benziner-Kleinwagen weniger CO2-Ausstoßen als mehrere hundert Kilogramm schwerere Diesel-SUVs. Wenn Anti-Diesel-Trolle diesen Vergleich bringen, verschweigen sie normalerweise, wie groß und schwer die jeweils verglichenen Fahrzeuge sind.
Dass Benziner fast 3x so viele Partikel ausstoßen wie Diesel, selbst dann, wenn man Partikelfilter-Regenerationen einrechnet, ist nicht überraschend, auch der viel höhere Ausstoß an Kohlenmonoxid ist nicht überraschend. Tatsächlich überrascht hat mich der Ammoniak-Ausstoß: Während bei Diesel-Fahrzeugen zu erwarten war, dass nicht bei jedem Fahrzeug mit SCR der Ammoniak-Sperrkatalysator ausreichend ausgelegt ist, entsteht Ammoniak beim Benziner nur als unerwünschtes Nebenprodukt im 3-Wege-Katalysator, allerdings kann dieser Effekt durchaus unterbunden werden. Die Studie sagt klar, dass bei beiden Antriebsarten der Ammoniak-Ausstoß von Fahrzeug zu Fahrzeug stark schwankt.
Alle Werte, inkl. den jeweils schlechtesten, liegen innerhalb der Grenzwerte. Betrachtet man allerdings nur solche Diesel ohne SCR, dann ist bei diesen der NOx-Ausstoß eigentlich zu hoch. "Eigentlich", weil es nicht dem Stand der Technik entspricht. Dass Diesel-Fahrzeuge ohne SCR deutlich mehr NOx ausstoßen als solche mit SCR ist aber nicht überraschend.
Die Studie aus Frankreich wurde in den deutschen Medien bis heute (13.03.2022) nicht beschrieben. Eine Studie, die zeigt, dass Benziner sogar dann ein Mehrfaches an Feinstaub ausstoßen, wenn man die Regenerationen des DPF einrechnet, ist wohl für Anti-Diesel-Trolle nicht interessant genug.
Externe Links
[1] ÉMISSIONS DES VOITURES ESSENCE ET DIESEL RÉCENTES : PUBLICATION DE L’ÉTUDE RÉALISÉE PAR IFPEN (Quelle: IFPEN, abgerufen: 23.12.2020)
[2] Les véhicules au diesel les plus récents n’auront pas la vignette Crit’Air 1
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Schadstoff und CO2
Fast alle Medien, die versuchen, über das Thema zu berichten, bringen Begriffe wie "Schadstoff", "CO2" oder "Klimagas" durcheinander. Eigentlich ist es recht einfach: Bei den Emissionen eines Fahrzeugs mit Verbrennungsmotor gilt CO2 nicht als Schadstoff. Das ist in der EU-Verordnung 692/2008 klar definiert [1]:
Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck:
...
„gasförmige Schadstoffe“ die Abgasemissionen von Kohlenmonoxid, Stickoxiden, ausgedrückt als Stickstoffdioxid-(NO2-)Äquivalent, und Kohlenwasserstoffen, ausgedrückt in:
a) C1H1,89O0,016 für Benzin (E5), b) C1H1,86O0,005 für Dieselkraftstoff (B5), c) C1H2,525 für Flüssiggas (LPG), d) CH4 für Erdgas (NG) und Biomethan, e) C1H2,74O0,385 für Ethanol (E85);
Während es bei Schadstoffemissionen wie Kohlenmonoxid, Feinstaub oder Stickoxiden durchaus wichtig ist, ob diese gleichmäßig verteilt oder zur Hauptverkehrszeit höher konzentriert auftreten, ist beim CO2 nur der weltweite Gesamtausstoß relevant. Außerdem gibt es bei Schadstoffen erlaubte Höchstgrenzen pro Fahrzeug. Beim CO2 dagegen gibt es einen einzuhaltenden Flottendurchschnitt, es gibt jedoch keinen maximal erlaubten Ausstoß pro Fahrzeug.
Einige Medien "verwechseln" diese Begriffe immer dann, wenn es dadurch erst möglich wird, einen Troll-Artikel zu schreiben.
Externe Links
[1] VERORDNUNG (EG) Nr. 692/2008 DER KOMMISSION (Quelle: eur-lex.europa.eu, abgerufen: 05.09.2020)
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Auf den Seiten innerhalb dieses Themenbereits gehe ich näher darauf ein, wie Antidieseltrolle versuchen, Leser und Zuhörer in die Irre zu führen.
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Das Verschmutzungsprivileg von Benzinern
Während Feinstaub-Emissionsgrenzwerte für Diesel-PKW bereits in der Euro 1 - Norm von 1992 enthalten sind, gibt es solche Grenzwerte für Benziner erst ab Euro 6b - und auch das nur für Direkteinspritzer. Allerdings ist die erlaubte Partikelzahl bei Benzindirekteinspritzern mit Euro 6b immer noch 10x so hoch wie für Diesel mit Euro 5b. Erst mit Euro 6c, d.h. ab 01.09.2018, wurden die Grenzwerte für den Partikelausstoß überhaupt angeglichen.
Das wäre nicht weiter schlimm, wenn Benziner dieses rechtliche Verschmutzungsprivileg nicht ausnutzen würden. Lange Zeit haben sie das auch nicht. Geht man zurück ins Jahr 1992 und zur Euro 1 - Norm, dann gab es schlicht und einfach kein Feinstaub-Problem bei Benzinern, und damit auch keinen Grund, Feinstaub bei Benzinern in der Abgasnorm zu begrenzen.
Im folgenden Abschnitt zeige ich, dass neuere Benziner bis Euro 6b dieses Verschmutzungsprivileg aber doch ausnutzen. Dies sollte man im Hinterkopf behalten, wenn man Falschinformationen über angeblich zu hohen Feinstaubausstoß von Diesel-PKW liest.
Ausstoß von Ultrafeinstaub
Bereits im Jahr 2011 hat die DUH (Deutsche Umwelthilfe) vor dem extrem hohen Partikelausstoß von Benzindirekteinspritzern ohne Partikelfilter gewarnt und dies durch Abgasmessungen untermauert [1]. In den folgenden Jahren hat die DUH mehrfach weitere Messungen präsentiert, immer mit dem gleichen Ergebnis. Daten, die der ADAC 2016 veröffentlicht hat [2], zeigen auch, dass die DUH hierbei nicht etwa ungünstige Stichproben gegriffen hat, sondern dass sie vielmehr über ein systematisches Problem berichtet. Eine neuere Veröffentlichung des ADAC von 2021 zeigt das gleiche Bild [12] (Hinweis: Der Aktuelle Artikel unter diesem Link ist nicht mehr derjenige aus dem Jahr 2021).
Nimmt man den ADAC EcoTest als Referenz, stoßen manche Benzindirekteinspritzer bis zu 20000x so viele Partikel aus wie manche Diesel-PKW. Zum Beispiel hat der ADAC bei einem "Mercedes CLS 400 d Coupé AMG Line 4MATIC 9G-TRONIC" einen Partikelausstoß von 0,1mg/km bei 0,00246*1011 Partikeln gemessen [4]. Ein "VW T-Cross 1.6 TDI SCR Style DSG (7-Gang)" kam auf gerundete 0,0mg/km bei 0,00244*1011 Partikel [11]. Bei einem "VW Tiguan 1.4 TSI ACT BMT Comfortline DSG" mit Benzindirekteinspritzung ohne Partikelfilter lag die Partikelmasse mit 0,9mg/km nur 9 mal so hoch wie beim Mercedes, die Partikelanzahl lag mit 46,3*1011 jedoch 18800 mal so hoch [5]. Die Partikel sind also viel kleiner. Ein ähnlicher VW Tiguan mit Partikelfilter kam nur noch auf 0,11*1011 Partikel [7].
Selbst Diesel-PKW mit relativ schlechten Partikelwerten kommen nicht in die Nähe der Partikelemissionen der meisten Benzindirekteinspritzer ohne Partikelfilter.
Es gibt einzelne Benziner, die auch ohne Direkteinspritzung riesige Mengen an Feinstaub ausstoßen. Die Deutsche Umwelthilfe hat z.B. bei einem Smart Fortwo über Werte von 44,6mg/km im WLTC und 136mg/km im ADAC Autobahn-Test berichtet [8]. Der Grenzwert für Euro 1 - Diesel-PKW aus dem Jahr 1992 beträgt 140mg/km. Dieses Abgasverhalten ist für Benziner ohne Direkteinspritzung nicht typisch, es ist jedoch legal, da es für Benziner ohne Direkteinspritzung keine Grenzwerte für Partikelemissionen gibt. Diese gelten nur für Benziner mit Direkteinspritzung sowie für Diesel.
Die DUH schrieb über den Partikelausstoß von Diesel-PKW bereits 2011 [1]:
Herkömmliche Benzinfahrzeuge [ohne Direkteinspritzung, Anm. von mir] mit Drei-Wege-Katalysator haben vergleichbar niedrige Partikelwerte wie Dieselfahrzeuge mit geschlossenem Filter.
In diesem Sinne ist es geradezu lächerlich, wie Anti-Diesel-Trolle von einem "Verschmutzungsprivileg für Diesel-PKW" sprechen.
Ausstoß von Kohlenmonoxid
Des Weiteren überschreiten sehr viele Benziner (unabhängig von Direkteinspritzung oder nicht) im ADAC EcoTest den Grenzwert für Kohlenmonoxid (Benziner: 1000 mg/km, Diesel: 500 mg/km). Dies ist bei Fahrzeugen mit Euro 6b systematisch erkennbar, seit der ADAC im September 2016 begonnen hat, im Rahmen der Aktualisierung des EcoTests alle gemessenen Werte zu veröffentlichen. Das folgende Bild zeigt ausgewählte besonders schlechte Beispiele. Bemerkenswert daran ist, dass der Mazda im Beispiel sogar ein Fahrzeug mit Euro 6d ist:
Dort ist es allerdings so, dass fast das gesamte Kohlenmonoxid im Autobahn-Testabschnitt entsteht. Dort sind die Emissionen so hoch, dass der Durchschnitt des Gesamttests über dem Grenzwert liegt, obwohl der Autobahn-Test nur mit 30% ins Gesamtergebnis einfließt. Die schlechtesten Exemplare zeigen eine mehr als 7fache Überschreitung des Grenzwertes [3], also mehr als 7000mg CO/km, wenn man den Gesamttest betrachtet, und damit eine mehr als 20fache Überschreitung, wenn man den Autobahn-Testabschnitt isoliert betrachtet. Zum Vergleich: Ein VW Golf Sportsvan 1.6 TDI SCR kam im gleichen Test auf 11mg CO/km [6].
Das Problem ist verbreitet, es gibt jedoch auch Beispiele, die deutlich unter dem Grenzwert bleiben. Es ist also offensichtlich technisch möglich, den Grenzwert für Kohlenmonoxid auch bei erhöhter Motorlast einzuhalten.
Derzeit [ca. 2020] erwarten viele, die sich zum Thema äußern, jedoch nur von Diesel-PKW, dass sie ihre Grenzwerte auch unter schwierigeren Bedingungen einhalten. Diskussionen über das Abgasverhalten von Benzinern werden auf später verschoben, auf einen Zeitpunkt, zu dem ausreichend viele junge gebrauchte Diesel-PKW durch Benziner ersetzt wurden.
Benzin-Hybride: Gleiche Probleme möglich
Der ADAC hat im Jahr 2017 fünf Benzin-Hybride auf CO2- und Schadstoffausstoß hin untersucht. Die Quellen-Angabe [10] zeigt leider inzwischen auf einen anderen Artikel. Während der getestete Toyota die Versprechungen niedriger Emissionen, sowohl CO2 als auch Schadstoffe, eingehalten hat, stießen die anderen vier erstaunlich viel CO2, erstaunlich viel CO und viele Partikel aus. Der getestete Volvo XC90 T8 Twin Engine AWD hat mit 67*1011 Partikeln sogar noch mehr Partikel ausgestoßen als die oben genannten Beispiele.
Das Partikel-Problem sollte bei Fahrzeugen, die mindestens Euro 6c erfüllen, und die im Falle eines Benzindirekteinspritzers idealerweise einen Ottopartikelfilter haben, nicht existieren.
Externe Links:
[1] Ultrafeine Feinstaubpartikel: Auch neue Benziner brauchen strenge Grenzwerte (Quelle: DUH, abgerufen: 03.09.2019)
[2] Ergebnisse im neuen ADAC EcoTest ab 09/2016 (Quelle: ADAC, abgerufen: 03.09.2019)
[3] ADAC EcoTest: Ford Ka+ 1.2 Ti-VCT Cool&Sound (Quelle: ADAC, abgerufen: 04.09.2019)
[4] ADAC EcoTest: Mercedes CLS 400 d Coupé AMG Line 4MATIC 9G-TRONIC (Quelle: ADAC, abgerufen: 04.09.2019)
[5] ADAC EcoTest: VW Tiguan 1.4 TSI ACT BMT Comfortline DSG (Quelle: ADAC, abgerufen: 04.09.2019)
[6] ADAC EcoTest: VW Golf Sportsvan 1.6 TDI SCR Comfortline DSG (7-Gang) (Quelle: ADAC, abgerufen: 06.09.2019)
[7] ADAC EcoTest: VW Tiguan 1.4 TSI ACT Comfortline (Quelle: ADAC, abgerufen: 07.09.2019)
[8] Deutsche Umwelthilfe fordert von Daimler Chef Zetsche sofortigen Verkaufsstopp für den Smart fortwo 0.9 wegen extrem hoher Rußpartikelemissionen (Quelle: DUH, abgerufen: 08.09.2019)
[10] Vergleich Plug-in-Hybride im neuen EcoTest (Quelle: ADAC, abgerufen: 24.09.2019)
[11] VW T-Cross 1.6 TDI SCR Style DSG (7-Gang) (Quelle: ADAC, abgerufen: 03.10.2019)
[12] Partikelemissionen: Benzinmotoren könnten noch besser sein (Quelle: ADAC, abgerufen: 10.08.2021)