Der CO2-Betrug mit Plugin-Hybriden

Fahrzeughersteller in Europa müssen für das Jahr 2021 einen durchschnittlichen CO2-Ausstoß von 95g CO2/km einhalten, was 4,1l Benzin oder 3,6l Diesel entspricht. Dieser Wert gilt für PKW mit einer Masse von knapp 1400kg. Für leichte Nutzfahrzeuge gilt ein Zielwert von 147g CO2/km. Diese Werte beziehen sich auf den NEFZ. Das kommt daher, dass diese Ziele bereits vor der Einführung des WLTP vereinbart wurden, bevor sie in einer Verordnung geregelt wurden. Details sind in der Verordnung 2019/631 [1] zu finden. Die Verwendung des NEFZ ist an dieser Stelle gar nicht das Problem: Man hätte genauso gut einen Wert von 120g, oder was auch immer, im WLTP festschreiben können. Das Ziel dieser Vorgabe ist, dass sie einen gewissen Elektroanteil erzwingen soll. 

Das tatsächliche Problem sind Plugin-Hybride, und dieses Problem wurde vom Bundesverkehrsministerium unter Andreas Scheuer wahrscheinlich wissentlich und vorsätzlich verursacht. Ich rede dabei nicht von Supercredits. Auch ohne diese Mehrfachanrechnung von Elektrofahrzeugen und Plugin-Hybriden ist die Gesetzgebung darauf ausgelegt, mittels Plugin-Hybriden den Flottenausstoß kleinrechnen zu können, obwohl Fahrzeuge immer größer, schwerer und höher werden.

Zunächst einmal muss man verstehen, woher die Angabe zum CO2-Ausstoß von Plugin-Hybriden kommt. Bei diesen wird anhand der elektrischen Reichweite ein Elektro-Nutzbarkeitsfaktor ermittelt. Für eine Reichweite von 50 km geht man zum Beispiel davon aus, dass die Fahrer im Durchschnitt 75% ihrer gesamten Strecke rein elektrisch zurücklegen könnten, wenn sie denn wollten und sich bemühen würden. Dazu hatte heise im Jahr 2018 einen ausführlichen Artikel [2] veröffentlicht. Entsprechend werden nur 25% des CO2-Ausstoßes im reinen Verbrennerbetrieb angerechnet. An dieser Stelle gibt es bereits ein Problem: Diese Berechnungsmethode würde nur dann ein realistisches Ergebnis liefern, wenn fast jeder Plugin-Hybrid-Fahrer sich tatsächlich bemühen würde, möglichst viele seiner Fahrten rein elektrisch zu absolvieren. Bis hierhin handelt es sich allerdings um EU-Gesetzgebung, so dass man das dem Bundesverkehrsministerium noch nicht vorwerfen kann.

Bei Privatkunden, die sich aus Überzeugung eines Plugin-Hybriden zulegen, kann man noch davon ausgehen, dass sie sich tatsächlich bemühen, einen möglichst hohen elektrischen Anteil zu haben. Die Förderung bei Privatkunden ist von der Höhe der so, dass der Privatkunde nicht viele tausend Euro durch den Kauf spart, sondern dass er bestenfalls in etwa den Mehrpreis des Plugin-Hybrid zurückbekommt.

Problem: Dienstwagen

Für Dienstwagennutzer jedoch wurde ein System geschaffen, durch das ein höherer CO2-Ausstoß belohnt wird. Zahlt der Arbeitgeber dann den Kraftstoff, hat der Fahrer keine Motivation, ein CO2-ärmeres Fahrzeug zu fahren. Für den Fahrer ist es in diesem Fall am einfachsten und am schnellsten, nur mit Kraftstoff zu fahren, aber nie zu laden. Im Extremfall müsste der Fahrer selbst den Strom bezahlen, falls er das Fahrzeug lädt, statt Kraftstoff zu tanken. Selbst dann, wenn der Arbeitnehmer den Kraftstoff selbst zahlen muss, ist die Ersparnis beim Kraftstoff mit einem Diesel (ohne Plugin) nicht hoch genug, um den zusätzlich zu versteuernden geldwerten Vorteil auszugleichen. Der Arbeitnehmer wird also vom Staat dafür bezahlt, statt eines 2 Tonnen schweren Diesel-Dienstwagen einen 2 Tonnen schweren Plugin-Hybriden (meistens Benzin) zu fahren. Er wird dafür bezahlt, sogar dann, wenn er mehr CO2 ausstößt als mit einem gleich großen und gleich schweren Diesel (siehe auch: Benziner versus Diesel).

Bedenkt man, dass Fahrzeuge, die die Norm Euro 6d-ISC-FCM erfüllen, den Energieverbrauch protokollieren, so wäre es ein Leichtes gewesen, die Förderung über den reduzierten geldwerten Vorteil an tatsächliche elektrische Nutzung des Fahrzeugs zu koppeln. Das wollte das BMVI jedoch nicht. Nur durch die praktisch bedingungslose Förderung von Plugin-Hybrid-Dienstwagen kann die deutsche Automobilindustrie ihren Flottenverbrauch auf dem Papier jedes Jahr kleiner aussehen lassen, ohne tatsächlich den CO2-Ausstoß zu reduzieren. 

Die Ampel-Regierung hat inzwischen beschlossen, dass Plugin-Hybride ab 2023 nur noch gefördert werden sollen, wenn sie tatsächlich so benutzt werden, dass sie wenig CO2 ausstoßen.

Externe Links

[1] VERORDNUNG (EU) 2019/631 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES (abgerufen: 05.09.2021)

[2] Plug-in-Hybrid: Verbrauchsermittlung im WLTP (Quelle: heise, abgerufen: 05.09.2021)